Ein Beitrag von Beatrix Inauen
Individuelle Vorstellungen von Meditation
Jeder hat seine eigene Vorstellung von Meditation. Die einen denken, Meditation sei einfach ein langweiliges «Dasitzen» und dadurch Zeitverschwendung. Andere halten es für einen speziellen Trancezustand, den sie für unerreichbar halten und den buddhistischen Mönchen vorenthalten ist. Wieder andere finden ihr Leben stimmig und können daher keine Faszination dafür entwickeln. Schlussendlich führen unzählige Gründe dazu, warum (noch) kein Zugang zum Meditieren gefunden wurde. Ich möchte Sie ermuntern, einfach ihre bisherigen Vorstellungen für einmal nieder zu legen und sich vorbehaltslos auf dieses Thema oder eine erste Erfahrung einzulassen.
Meine frühere Vorstellung von Meditation
Obwohl mich das «Mehr» im Universum stets faszinierte und ich bereits mit jungen Jahren Bücher über den Sterbeprozess las, sollte ich den Zugang zur Meditation erst Ende meiner Vierziger finden. Ich habe mein weltliches Leben gelebt ohne meinen geistigen Aspekt in mir bewusst anzunehmen, zu pflegen und zu nähren. Ich war im Beruf und in der Familie stark engagiert und es war kein Thema, diesem Aspekt in mir viel Zeit zu widmen. Mit der Zeit zeigte sich, dass wenn ich diesen Teil weiterhin vernachlässige, mein Leben nicht wirklich ins Gleichgewicht kommen kann. An einem gewissen Punkt des Leidensprozesses habe ich begonnen, mich aktiv für “innere Arbeit” zu interessieren. Zuerst bin ich über andere Wege meinem inneren Gleichgewicht näher gekommen. Ich hatte keine schlechte Einstellung gegenüber Meditation, es fehlte mir anfangs eher das nötige Selbstvertrauen, mich diesem Thema zu öffnen. Nie hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, welche Welt sich hinter dem Begriff Meditation verbirgt.
Meditation besteht einfach darin, uns so zu schulen, dass sich unser Geist und unser Körper in Übereinstimmung bringen lassen. Durch die Übung der Meditation können wir lernen, ohne Trug sowie ganz wahrhaft und lebendig zu sein.
Chögyam Trungpa Rinpoche
Als Narr beginnen
Vor allem hier in der westlichen Welt will man von Anfang an alles richtig machen und sich ja nicht blamieren. Man nimmt sogar manchmal eine Rolle an, um gut da zu stehen. Doch in der Meditation ist das nicht nötig, vielmehr ist es ein «sich einlassen». Authentizität ist gefragt. In einem Buch bin ich auf einen Hinweis gestossen, der mich für meinen Einstieg bestärkt hat. Der Tipp war, einfach als «Narr» zu beginnen. Ja, es ist sogar notwendig, mit einer Portion Lockerheit und genug Offenheit an die Sache heran zu gehen. Beachten Sie für einmal ihren bewertenden Geist nicht zu stark. Er wird tausend Gründe finden, weshalb ein so «lächerliches Rumsitzen» nicht nötig ist. Warum er uns das versucht einzureden oder auf andere Weise das Meditieren auszureden, weiss er sehr genau. Aber dazu mehr in einem späteren Beitrag.
Zugang über Theorie oder Praxis
Wer handfeste Beweise braucht für die Wirkung der Meditation, der findet mittlerweile zahlreiche Literatur von Forschungsergebnissen. Meditation ist auch Gegenstand der Wissenschaft, vor allem in der Neurobiologie und Psychologie. In den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich sehr viel getan. Dies ist sehr erfreulich und bietet so auch den Zugang über die Theorie. Die anderen Variante ist, Sie lassen sich direkt auf eine praktische Erfahrung ein. Beide Wege sind gleichwertig, werden neues offenbaren und Möglichkeiten bieten, sich weiter in das Thema zu vertiefen. Letzten Endes zeigen sich positive Auswirkungen aber einzig in einer regelmässigen Praxis mit der richtigen Absicht.
Mein Einstieg
Mein erster Berührungspunkt mit der Meditation war in meiner Ausbildung zum ganzheitlichen Coach. Da waren Meditationen ein wichtiges Werkzeug. Wir als Teilnehmer durften oft den sanften Worten unserer Ausbildnerin folgen. Auf diese Weise führte sie uns zu unserem inneren Kern, dem wir mit unserem Alltagsdenken nicht einfach so begegnen konnten. Dies ermöglichte mir tiefgreifende Begegnungen in meinem Inneren, die mir vorher unbekannt waren. Motiviert durch diese bereichernden Momente, begann ich auf eigene Faust zu meditieren und eigene Erfahrungen zu sammeln. Allmählich zeigten sich in meinem Leben sehr erfreuliche Auswirkungen. Dies half mir, in diese Methode Vertrauen zu gewinnen und immer tiefer in dieses Thema einzutauchen.
Auswirkungen auf den Alltag
Im Zusammenhang mit Recherchen zum Thema Bildung bin ich auf eine Schule gestossen, in der die Schüler täglich meditieren. Dies unterstützt sie in der Verarbeitung ihres Unterrichtsstoffes. Im Vergleich mit konventionellen Schulen weist diese alternative Schule bei Übertritts- oder Abschlussprüfungen stets überdurchschnittliche Leistungen aus. Meditation unterstütz also die Verarbeitung des Unterrichtsstoffes. Da ich sehr lange in der Bildung tätig war und meine eigenen Kinder durch die Schule begleitete, weckte dieser Aspekt der Meditation zusätzlich meine Neugier. Ich wollte unbedingt mehr über die Wirkung von Meditation erfahren. Zusammengefasst kann die Wirkung von Meditation als Salutogenese bezeichnet werden, d.h. zur Stärkung und Erhaltung der seelisch-geistigen und körperlichen Gesundheit. Heilung und innerer Frieden, Ruhe und tiefe Erkenntnisse sind möglich und diese Phänomene zeigten sich auch in meiner regelmässigen Praxis. Sogar meine anfangs noch unregelmässige Meditationspraxis zeigte positive Auswirkungen auf mein Alltagsleben. Trotz allen Irrwegen und zwischendurch auch Zeiten des Sitzens, bei denen ich gedacht habe sie bringen überhaupt nichts Sinnvolles hervor, zeigten meine Gehversuche Wirkung. Ich fühlte mich ausgeglichener und hatte mehr Nerven in beruflichen und familiären Situationen. Ja es war mir sogar möglich in Situationen, in denen ich sonst vollkommen in das Geschehen verstrickt war, Ruhe zu bewahren, die Vogelperspektive einzunehmen und viel sinnvoller als bis anhin zu reagieren. Dies waren Schlüsselerlebnisse und sie motivierten mich weiter zu machen. Meditation bring Sofortwirkungen hervor, wirkt aber auch auf ganz subtiler Ebene, die sich erst mit der Zeit zeigt. Sie fördert auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene das Gleichgewicht. Dennoch, um Übung und Geduld kommen die meisten – bis zur Erleuchtung – meist nicht herum. Mein Fazit: Jede eingesetzte Zeit lohnt sich und der Wert für das eigene Leben ist immer wieder von neuem erkennbar.
Eine der wichtigsten Entdeckungen, die mit Hilfe der Meditation stattfand war, dass ich gemerkt habe, dass meine Gedanken nicht einfach nur ernst zu nehmen sind und dass verschiedene Stimmen in mir wohnen und mein Leben mitbestimmen. So zeigte sich eine dieser Aufgaben im Erkennen dieser unterschiedlichen Stimmen. Verstand, Ego und wahrer Geist sind diese Stimmen. Jede hat ihren Charakter und ihre Lautstärke.
Meditation bedeutet, dem Leben nicht wie im Blindflug zu begegnen.
Weitere Wirkungen
Neben der Auswirkung auf die Qualität des aktuellen Lebens, attestiert man der Meditation nicht viel mehr. Aus buddhistischer Sicht sind der Ausstieg aus dem Leiden und das Verhindern von neuem negativen Karma zentrale Aspekte. Das Entwickeln von Liebe und Mitgefühl steht im Zentrum und das Erreichen der Erleuchtung ist das höchstmögliche Ziel. Eines der Werkzeug dafür ist die Meditation. Aus dieser Perspektive kann uns die Meditationspraxis über das jetzige Leben hinaus viel Gutes bringen. Sogar der Todesprozess kann in tiefer Meditation beeinflusst werden
Wagnis
Gerade in unseren Hektischen Zeiten, ist ein innerer, ruhender Kern von grosser Bedeutung. Dort können Sie Vertrauen und Zufriedenheit finden. Wenn Ihre Offenheit für eine erste Praktische Erfahrung vorhanden ist, suchen Sie sich den Ort bewusst auszusuchen. Es sollte ein Ort Ihres Vertrauens sein. Für einen praktischen Einstieg sollten Sie sich im Raum wohl fühlen, ein Gefühl des Vertrauens der Meditationsleitung bestehen, die Gruppengrösse stimmen und Ihrer bequemen Sitzhaltung Rechnung getragen werden. So können Sie möglichst unbeeinflusst von behindernden inneren und äusseren Faktoren einen Einstieg machen.